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Mariesol Gottwein-Hopp: Alles anders

Alles anders (bei Luise) 

 

Eines Nachts wachte Luise auf. Alles war so ungewohnt. Um sie herum war nichts. Naja, soweit sie sehen konnte. Luise lag nur auf einer Matratze auf dem Boden. Neben ihrem Schlaflager stand ein Rollstuhl. Plötzlich erinnerte sie sich wieder. Sie war letzten Nachmittag aus dem Krankenhaus entlassen worden. Davor war das Leben schön gewesen, doch jetzt war sie gelähmt und saß im Rollstuhl. 

Noch vor einem Monat war Luise das glücklichste Kind unter der Sonne gewesen. Sie hatte in einem wunderschönen Haus mit ihren Eltern gelebt, hatte den süßesten Hund der Welt gehabt und die besten Freunde die sie sich nur wünschen konnte. Doch dann kam eine Nachricht die sie gar nicht hören wollte: „Luise, wir müssen dir etwas sagen…“, sagte ihre Mutter. Allein vom Ton her erkannte das Mädchen schon, dass es etwas Ernstes war. „Ja…“, antwortete sie zögerlich, „was ist denn?“. „Also es ist so“, druckste ihr Vater herum, „Machen wir es kurz.“ „Wir müssen umziehen.“, platzte Luises Mutter da heraus. Luise war schockiert: „Aber, aber das kann doch nicht sein. Ich will hier nicht weg…“. Ihre Mutter unterbrach sie: „Ja ich weiß, aber unser Geld wird knapp. Außerdem haben wir da schon eine Wohnung in Duisburg angefragt und auch zugesagt bekommen“. „Unser Haus ist auch schon verkauft“, fügte ihr Vater leise hinzu. Luise hatte Tränen in den Augen: „Wann…wann müssen wir denn weg?“. „Schon übermorgen“, meinte ihre Mutter traurig. „Nein!“, rief Luise. „Es tut uns so leid Luise“, sagte ihr Vater, „aber es ging nicht anders.“ „Wieso?“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme. „Es war einfach nicht mehr bezahlbar. Alles wir zu teuer.“, versuchte Luises Mutter zu erklären. Luise hatte zwar schon tiefrot geweinte Augen aber sie sagte dennoch mit der festesten Stimme die sie aufbringen konnte: „Ich muss jetzt erstmal nachdenken und danach packen.“ Das „und danach packen“ wurde wieder von einem Tränenfluss übertönt. Schnell lief sie nach oben in ihr Zimmer. Dort warf sie sich auf ihr Bett und weinte bis es nicht mehr ging. Dann lag sie nur noch da. Irgendwann stand sie doch auf und ging zu ihrem Schrank um ihren Koffer zu packen. Zwei Tage später waren alle Kisten gepackt und der Möbeltransporter abgefahren. Nun stiegen sie alle ins Auto. Am vorherigen Tag war noch die Nachricht gekommen, dass keine Tiere im Haus erlaubt sind. Dadurch musste sich Luise auch noch von ihrem heiß und innig geliebtem Hund Mariechen, einem weißen Spitz, trennen. Sie hatte sich den ganzen restlichen Tag von ihren trösten lassen. Nun saß sie mit trauriger neben ihrem Hund auf der Rückbank ihres Busses und weinte immer noch. Als sie schließlich beim Tierheim ankamen, stieg Luise mit verweintem Gesicht aus. Widerstrebend ging sie in das Gebäude und kam erst zwanzig Minuten später wieder heraus. Dann fuhren sie weiter. Stunden verstrichen ohne das jemand etwas sagte. Ihre Mutter musste längst auf dem Beifahrersitz eingeschlafen sein. Luise sah aus dem Fenster. Plötzlich gab es einen fürchterlich lauten Knall. Dann wurde es vor Luises Augen schwarz. Ihr Vater war gegen eine Leitplanke und später gegen einen Baum geprallt. 

Als Luise ihre Augen wieder öffnete, wusste sie nicht wo sie war. Doch irgendwann erkannte sie wo sie war. Sie lag in einem Krankenhausbett! Sie konnte sich aber nicht erinnern warum. Doch, eine Erinnerung hatte sie: Und zwar an diesen fürchterlichen Knall. Dann kam eine Frau in ihr Zimmer. Sie stellte sich als Dr. Emely Flower, Oberärztin in dieser Station, vor. 

 

Sie meinte: „Hallo, du musst Luise van Steinspringer sein.“ „Ja die bin ich“, sagte Luise so als stünden hunderte Fragezeichen dahinter. „GV“, murmelte Dr. Flower vor sich hin. Luise verstand nicht recht: „GV? Was ist das denn?“. „Gehirnverlust“, meinte die Oberärztin sachlich. Luise wollte aufstehen doch ihre Beine reagierten nicht. „Du bist Querschnittsgelähmt“, sagte die Ärztin. „Aber…wie soll ich denn hier raus?“, fragte Luise verzweifelt. „Der Rollstuhl“, meinte Dr. Flower nur. Luise seufzte. „Naja, also gut. Ab ins Abenteuer.“, dachte sich Luise. 

Nun lag sie hier. Auf einer Matratze. Querschnittsgelähmt. Mal sehen wie es morgen in der neuen Schule weitergeht. Bei dem Gedanken drehte sich Luises Magen schon um. 

 

Mittlerweile hatte sie sich an den Rollstuhl gewöhnt. Und in der Schule gab es ja auch einen Fahrstuhl mit dem sie in die oberen Stockwerke gelangen konnte.  

Als sie nach der Schule nach Hause kam war sie überglücklich. Sie hätte nicht gedacht dass ihre neue Klasse so nett sein würde. Niemand hatte sie gehänselt obwohl sie im Rollstuhl saß. Mal sehen was in der nächsten Zeit passieren würde. 

 

 

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