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,,Da vorne ist noch etwas frei!”

Es war Valentinstag und nach dem Besuch im Kino beschlossen wir, den Tag mit Kaffee und Kuchen abzurunden. Emma nickte mir zu und Hand in Hand begaben wir uns zu einem freien Platz. Er befand sich relativ weit hinten, sodass man von dort aus einen guten Überblick auf das Cafe hatte. Zumindest, wenn man wie Emma an der Wand saß und nicht wie ich von ihrer liebreizenden Freundin dazu überredet worden war, der Aussicht den Rücken kehren zu müssen. ,,Eines Tages gebe ich nicht nach...”, murmelte ich. Sie drückte mir erneut einen Kuss auf die Wange. ,,Denke ich nicht.”

Ein verspieltes Zwinkern sorgte dafür, dass Pudding meine Knie ersetzte und plötzlich war ich froh, mich schon hingesetzt zu haben. Emma und ich waren schon lange gute Freundinnen gewesen, schon seit ich denken kann. Wir gingen zusammen in den Kindergarten, wurden derselben Grundschulklasse zugeteilt und belegten nun in der Oberstufe fast überall die selben Kurse. Vor zwei Jahren jedoch gestand Emma mir, dass sie mich als mehr als nur eine gute Freundin sah, dass sie sich in mich verliebt hätte. Ich empfand das gleiche für sie und so kam es, dass wir beide ein Paar wurden.

Das Mädchen meiner Träume blätterte nun also nachdenklich in der Kuchen-Karte und einmal mehr fiel mir auf wie hoffnungslos ich mich in sie verliebt hatte. Die Art, wie sie sich ihr blondes Haar hinter das Ohr klemmte, ihre Finger elegant mit einer der Seitenkanten der Karte spielten, während ihre Augen ein Angebot nach dem anderen überflogen, lösten Herzsprünge bei mir aus.

,,Amelie? Bist du noch da?” Ihre süße Stimme holte mich aus meiner Trance und ich schreckte leicht hoch. ,,Alles okay bei dir? Du wirkst abgelenkt.” Ich kratzte mich am Hinterkopf. ,,Ne, alles gut. Weißt du schon, was du willst?” Ungläubig zog sie eine Augenbraue hoch. Was auch immer sie dachte, sie entschied sich es nicht auszusprechen.

Dem Rot ihrer Wangen zu urteilen, hatte sie mein Starren jedoch bemerkt. ,,Das hier fand ich gut’’. Sie drehte die Karte zu mir um, sodass ich lesen konnte, was darauf stand. Es war ein kleiner Schokokuchen mit flüssigem Kern. Ein Valentinstag-Special nur für Paare. Ich nickte. ,,Zu schokoladigem sag’ ich nicht nein.” Sie murmelte etwas davon, wie gut sie mich ja kenne. Was sie genau sagte konnte ich aber nicht verstehen. Mir war generell aufgefallen, dass sie seit dem Film sehr ruhig geworden war, wo sie doch sonst immer so gesprächig veranlagt ist. Ihr nachdenklicher Blick war auf irgendeinen Punkt auf dem Tisch fixiert und in ihren Augen lag etwas, dass mir Sorge bereitete. Benennen konnte ich es aber nicht genau.

,,Hey, schau nicht so betrübt. Sag deiner Freundin was los ist.” Ich piekste sie leicht in die Wange, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und sie gab mir ein leises Seufzen als Antwort. ,,Es ist der Film…” ,,Hat er dir nicht gefallen? Ich fand ihn nicht schlecht, auch wenn das Outfit des
Hauptcharakters viel zu eng war.” Sie schnaubte belustigt und legte ihre Hand auf meine. ,,Auch wenn du recht hast, das meinte ich nicht.” Sie lehnte sich nach vorne. ,,Hat es dich nicht gestört, dass der eine so früh gestorben ist? Du weißt schon, der mit der Brille.”

Angestrengt dachte ich nach.
,,Meinst du den, der sich als schwul geoutet hat?” Ich überlegte. ,,Naja, er hatte jetzt keine großartige Rolle im Film, da hat mich sein Tod eher mäßig mitgenommen.” ,,Aber genau das meine ich! Der Film hat so viel Werbung gemacht, dass sie ja so fortschrittlich seien und sogar einen schwulen Charakter eingebaut hätten.” Sie schüttelte den Kopf. ,,Stattdessen hatten wir ein laufendes Klischee, dass für die Geschichte völlig unnötig war und nach gefühlten zehn Minuten gestorben ist.” Ihre Stimme triefte vor bitterem Sarkasmus und ihr Ärger stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Es tat weh sie so zu sehen, doch ich schwieg und ließ sie weiter sprechen.

,,Ist es zu viel verlangt die Sexualität von jemandem, der nicht Hetero ist, einfach mal nicht an die große Glocke zu hängen? Uns so zu behandeln, wie man es mit jedem Heteropaar macht? Wir sind doch auch nur gewöhnliche Menschen…” Ich drückte ihre Hand, vermied aber den Blickkontakt. Ich wusste einfach nicht, was ich dazu sagen sollte.

Zum Glück kam endlich ein Kellner an den Tisch, sodass wir unser Gespräch kurzzeitig pausieren mussten. ,,Was kann ich euch bringen?” Er sah gelangweilt aus, als würde er verzweifelt die Minuten bis zum Feierabend zählen. Emma ließ meine Hand los und bestellte sich einen Kaffee, während ich mich für eine heiße Schokolade entschied. Der Kellner schrieb sich alles mit einer solch monotonen Gestik auf, dass ich bei seinem Anblick selbst das Verlangen hatte zu gähnen. Als wir aber das Valentinstag-Special erwähnten, schüttelte er den Kopf. ,,Tut mir leid, aber das ist nur für Pärchen.”

Emma setzte sich etwas gerader hin. ,,Genau. Deshalb haben wir das auch bestellt.” Man konnte förmlich sehen, wie sich die Zahnräder in seinem Kopf drehten und es dauerte auch nicht lange bis er es endlich verstanden hatte. Er zog die Augenbrauen nach oben und seine Mundwinkel bewegten sich in dieselbe Richtung. ,,Aber natürlich meine Hübschen, ein Valentinstag-Special kommt sofort!” Er zwinkerte uns beiden zu, so wie man es von Typen aus schlechten Romanzen kennt und ich bemerkte wie Emma ihm genervt hinterher schaute. Ich nahm ihre Hand in meine und versuchte sie etwas zu trösten. ,,Ignorier es einfach.”

,,Aber stört es dich nicht?”. Sie entzog mir wieder ihre Hand und legte sie vor sich auf den Tisch. ,,Wäre einer von uns ein Junge gewesen, würde uns sowas nicht passieren. Warum kann man uns nicht behandeln, wie jeden anderen auch?” Zum wiederholten Mal seufzte sie. ,,Manchmal kann ich nicht anders als mir eine Welt vorzustellen, in welcher wir nicht behandelt werden wie irgendwelche Fantasiewesen; In welcher Menschen wie wir einfach das sind: Menschen.” Ich schüttelte den Kopf. ,,Emma, hör bitte auf damit. Freu dich doch lieber über das, was wir haben.”

Ich versuchte sie mit einem Lächeln zu trösten, doch sie ließ nur den Kopf hängen. Dieser Anblick brach mir fast das Herz. ,,Ich weiß. Aber es ist doch erlaubt, darüber zu fantasieren?” Ich schwieg. Wieder wusste ich nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich wusste, was sie meinte, das tat ich wirklich. Nicht selten dachte ich genauso. Wieso ist es eine so große Sache, Gefühle für jemanden mit dem gleichen Geschlecht zu hegen? Warum kann ich meiner Familie nicht einfach stolz von meiner Freundin berichten? Wo ist das Problem, uns einmal nicht wie seltene Wesen, wie eine Attraktion zu behandeln?

Auch ich stellte mir nun eine Welt vor, in welcher wir sein dürfen, wer wir sind. In welcher wir nicht als unnatürlich angesehen werden, uns nicht dafür schämen müssen. Eine Welt, in welcher Hass und Scham keine natürliche Hürde im Lauf unseres Lebens darstellt und ich mochte diese Welt. Sie erfüllte mich mit Freude, mit Erleichterung und mit Freiheit und ich wünschte mir sie wäre Realität. Ich wünschte es mir so sehr.

Eine Kellnerin kam an unseren Tisch und stellte unsere Bestellungen unsanft auf dem Tisch ab, sodass etwas von Emmas Kaffee auf die Tischdecke schwappte. Die Kellnerin sah uns nicht an, wünschte uns nicht einen guten Appetit, fragte uns nicht, ob wir nicht noch einen Wunsch hätten, zeigte keine Anzeichen von Reue über die verschütteten Kaffee.

So sehr ich es mir also wünschte, mit Emma in einer solch fantastischen Welt, frei von jeglichen Gewichten der Schuld, des Schams und des Hasses zu leben, es würde immer dabei bleiben: Ein Wunsch. So fantastisch diese Realität wäre, es bleibt dabei.

Sie bleibt fantastisch.

©2019 SchreibKunst-Blog/ Mira Durak (Q2)

So kehren wir doch mal die Zeit ganz weit zurück, zum Anfang. Zu der Zeit wo es noch keinen von uns gab, nur Adam und Eva. Die Geschichte mit dem Apfel sollte jeder kennen, deshalb überspringen wir diese mal. Nun, Adam und Eva sind für die Entstehung der Menschheit verantwortlich, nicht wahr?
Fantastisch, dass aus zwei, acht Milliarden entstehen konnten. Fantastisch sind die Frau und der Mann. Zuerst entsteht aus der befruchteten Eizelle nun ein Wesen, das sich Mensch nennt, dieses Wesen sind wir. Anfangs kriegt man nichts mit, nicht ob man geplant war, ob man Freude erweckt oder Verzweiflung. Wir sind in diesem Zustand das wohl unschuldigste Wesen erdenkbar. Man wird von Haut, Fett, Muskeln umhüllt und gleichzeitig durch eine einzige Schnur, der Nabelschnur bewirtet.

Jetzt wachsen wir, es bilden sich Strukturen, Zellen vermehren sich und wir nehmen so langsam an Gestalt an. Dabei spielen die Gene unserer Eltern eine wichtige Rolle. Wenn wir annehmen, dass Adam und Eva unsere Vorfahren sind, so tragen wir alle irgendwo in unserem Erbgut ihr Gen. Die Gene bestimmen ob Stubsnase oder Rabennase, ob große, runde Augen oder ob wir eine Brille brauchen.

Plötzlich wird es laut, wir beginnen stimmen zu hören und bemerken, dass wir nicht allein sind. Wir nehmen schließlich unser Umfeld wahr. Eine weiche Stimme ertönt, sie lässt uns nicht gehen. sie ist immer da und flüstert manchmal zu uns. Wir gewöhnen uns an sie, nehmen sie wahr und beim erklingen dieser stimme freuen wir uns, wir alle. Wir beginnen zu treten, nicht aus Rache das wir in diese grenzenlos verhasste Welt gesetzt werden, sondern darum, dass wir wollen das wir auch wahrgenommen werden. In der Hoffnung, dass die so honig-süße Stimme sich an unserem Treten so erfreut, wie wir uns, wenn sie redet, murmelt, singt oder sogar flucht. Die meiste zeit schlafen wir, trotzdem schläft unser Umfeld nicht. Wer weiß, vielleicht veranstalten sie eine Baby-shower-party oder kaufen uns Klamotten oder versuchen unser Geschlecht herauszufinden. Irgendwann wird es uns zu eng. Wir haben uns schon so gedreht, dass wir kopfüber in einer lustigen blase liegen. Es kommt sogar dazu, dass diese Blase platzt. Die Flüssigkeit fließt dort lang, wo ich versuche rauszukommen, nur geht es bei mir nicht so einfach.

Wir verursachen Schmerzen. Die uns so verlässliche Stimme beginnt auf einmal zu stöhnen, zu schreien. Um ihren Schmerzen ein Ende zu bereiten, versuchen wir es noch stärker, jedoch weiterhin ohne Erfolg. Wir hören Sirenen, nur zu diesem Zeitpunkt wissen wir nicht was Sirenen sind, aber wir hören sie.

Wir spüren Druck, es wird wärmer, enger. wir sehen Licht, so warmes Licht.

Hände greifen nach uns, wickeln uns ein und wir beginnen zu kreischen. Ihre Stimmen so fremd, uns wird kalt. Plötzlich spüren wir wieder Wärme, von Kopf bis Fuß und siehe da, die verlässliche Stimme erklingt wieder, sodass wir unsere Münder schließen. Unsere Hände legen wir auf ihren Körper und ohne weiteres schlafen wir ein. Dieses Gefühl von Geborgenheit ist fantastisch. Wie dem auch sei beginnen wir unser Umfeld wahrzunehmen. Ein Mann, der immer bei uns ist. Autos, Flugzeuge, andere Kinder, ja sogar uns selbst. Wir beginnen die Welt zu erforschen, tapsen durch die Gegend, greifen nach Gegenständen oder probieren alles Mögliche. Anfangs mussten wir dafür auf unseren Händen und Knien gehen, nun sind wir schon so weit, dass wir auf unseren Füßen gehen können. Die vertrauten Gesichter, die sich anscheinend Papa und Mama nennen, freuen sich umso mehr und richten ein viereckiges ding auf uns, aus dem ein grelles licht hervorgeht. Auf einmal spüren wir etwas in unserem Mund, es schmerzt. Dennoch freuen sich Mama und Papa auch daran, sie nennen es ,,Zähnchen ́ ́, und wieder ein grelles Licht. Und eines Tages kriegen wir dann auch eine Stimme, und bemerken nicht wie kraftvoll diese ist. Ein Wort, ein Wort kann so viel bewirken.

Mein erstes Wort war ,,Mama ́ ́, sie freute sich riesig, Papa auch. Trotzdem konnte ich ein wenig Trauer erkennen. Dieser will ich nie wieder begegnen, weshalb ich ganz schnell gelernt hab ,,Papa ́ ́ zu sagen.

Egal was wir tun, ob wir das Haus verwüsten, Puppen die Haare abschneiden oder daneben pinkeln, sie lächeln jederzeit.

Jetzt höre ich Popmusik, experimentiere mit Klamotten und poste auf Instagram. Versuche herauszufinden wer ich bin, indem ich mich mit anderen vergleiche. Meine Freunde sagen ich sei besonders, aber was macht mich denn besonders?

Wer konnte überhaupt wissen, dass aus dieser einen Eizelle, wir mal werden? Ob wir männlich oder weiblich sind? Ob wir Christen, Juden oder Moslems sind? Schwarz oder weiß, Afrikaner, Europäer, Amerikaner oder Asiaten? Wer konnte wissen, an welchem Ort der Welt wir geboren werden? Wer konnte überhaupt wissen, dass man all das voneinander unterscheidet?

Und weshalb gibt es diese Unterschiede? Weshalb vergisst der Mensch den Prozess der Sozialisation? Weshalb vernachlässigt er das der Prozess bei jedem der gleiche ist und wir alle doch Menschen sind?

Trotzdem gibt es den Begriff ,,unmenschlich ́ ́. Er wird zum Beschreiben der Personen benutzt die Kriege zetteln, solchen die Moscheen, Kirchen, Synagogen bombardieren, solchen die andere wie uns nicht lassen die Welt zu erforschen, solchen die uns und unseren liebsten die Stimme nehmen. Ungeheuer ist der Mensch mit all seinen Fähigkeiten. Diese Welt war nicht für Unterschiede und Hass bestimmt, sondern für Gemeinschaft und Harmonie,
So schreibe ich es für alle nochmal ganz laut: WIR SIND GLEICH! Und das ist fantastisch!

©2019 SchreibKunst-Blog/ Fatma Turgut (E-Phase)

,,Das ist ja fantastisch!‘‘, rief der alte,weiße Mann aus seinem Sessel heraus. Soeben teilte ein Mitarbeiter seiner Firma ihm mit, dass der millionenschwere Deal mit einer saudischen Erdölgesellschaft stattfinden würde. Dem Mann stand die Gier förmlich in seinem Gesicht -nein, in seinen Augen- geschrieben.

,,Fantastisch..wirklich fantastisch...‘‘, murmelte er zufrieden in seinen Bart.

Doch für welchen Preis? Wer bezahlt wirklich dafür? ,,Das ist ja fantastisch!‘‘, die Frau umarmte ihren Ehemann voller Enthusiasmus. Dieser kam nämlich mit der frohen Botschaft nach Hause, eine Gehaltserhöhung erhalten zu haben. ,,Da haben sich all die Überstunden wohl doch beim Chef bemerkbar gemacht,nicht?‘‘, sie strahlte ihn mit ihren unnatürlich weißen, perfekten Zähnen an.

,,Vielleicht könnten wir dieses Jahr noch ein drittes Mal verreisen. Wieder auf die Boa Boa? Mal schauen‘‘, der Mann stellte sein Weinglas auf den Küchentresen ab. ,,Aber auf Boa Boa waren wir doch schon, ich würde viel lieber nach Capri! Oder nach Doha!‘‘, der Mann zuckte als Antwort nur mit den Achseln. ,,Mir egal, ich will eigentlich nur Zeit mit dir verbringen.‘‘, er drückte einen Kuss auf ihren Mund und schaltete den großen, teuren Fernseher an.

,,Das ist ja fantastisch!‘‘, der Junge hielt breit grinsend seine Zusage für eine der angesehensten Universitäten hoch. Seine Mutter zog ihn in eine enge Umarmung und drückte ihn fest.

,,Ich bin so stolz auf dich!‘‘. Er war glücklich. Nicht nur, weil er seit Langem mal wieder seine Mutter glücklich sehen konnte. Sondern weil er nach monatelanger harter Arbeit, wenig Schlaf und - ach,all die Nächte, die er durchmachen musste! - das ganze Lernen... – all das hatte sich ausgezahlt. Zufrieden zog er sich aus der Umarmung heraus und setzte sich an den kleinen Esstisch, in der genauso kleinen Küche, in der genauso kleinen Wohnung.

Das Essen auf dem Herd ist gerade fertig geworden und während die alleinerziehende Mutter den Tisch deckte, dachte sie nach. Sie war nur bei der Geburt ihres Sohnes noch glücklicher als jetzt. Seit seiner Kindheit machte sie sich um seine Zukunft Sorgen. Sie hatte Angst, dass er vielleicht so enden würde wie die vielen anderen Kinder aus ihrer Nachbarschaft: Drogen, Alkohol und nicht selten auch kriminell. Doch in eine bessere Gegend umzuziehen kam nie in Frage, dazu reichte das Geld einfach nicht. Hat es noch nie. Umso erleichterter war sie als sie von einem seiner Lehrer kontaktiert wurde, der das Potential ihres Kindes erkannte und ein Stipendium organisierte.

,,Hier, Liebling‘‘, sie stellte das Essen vor ihm hin und schon stürzte er sich freudig darauf. Danke Gott.Für alles, dachte sie, während sie ihrem Sohn beim Essen zusah.

,,Das ist ja fantastisch!‘‘, ein junges Mädchen, das am Wegesrand saß, sah zu einem Pärchen hinüber. Die Frau hielt ein Ultraschallbild hoch, während der Mann sie stürmisch umarmte. Da scheint wohl jemand schwanger zu sein, dachte das Mädchen.Wie schön. Der schneidend kalte Wind fuhr durch ihre Kleidung. Sie versuchte wenigstens ihr Gesicht in ihrem zerschlissenen Schal zu schützen und vergrub es darin. Der Himmel über ihr verdunkelte sich langsam mit grauen Wolken.

Bitte kein Regen!, dachte sie. Wo sollte sie denn hin, wenn es so spät Abends zu stürmen anfängt? Ein Zuhause hatte sie nicht. Außer man nennt die Straßen dieser Stadt ihr Zuhause. Aber ist ein Zuhause nicht eher warm, voller Liebe und,naja,Essen? Sie wusste es nicht; fast ihr ganzes Leben verbrachte sie nämlich schon auf der Straße. Solange schon, dass sie nicht einmal wusste, wie es dazu kam. Sie stand auf und machte sich auf die Suche nach einem Schlafplatz, oder zumindest nach einer überdachten Stelle. Frierend und zitternd machte sie sich mit ihren wenigen Habseligkeiten auf den Weg. Doch nach nur ein paar Minuten wurde ihre Befürchtung wahr : es fing an zu regnen. Fluchend stellte sie sich unter den nächstbesten Dachvorsprung. Sie ging in die Hocke und vergrub frustriert ihr dreckiges Gesicht in ihren Armen. Wäre es nicht so kalt, so hätte sie sich eigentlich unter den Regen gestellt um wenigstens ein bisschen Dreck von ihrem Körper abwaschen zu können. Aber sie wollte keine Krankheiten riskieren, das wäre ein Todesurteil für sie.

Das Körper des Mädchens wurde langsam von einem Beben übermannt. Sie fing leise an zu schluchzen, weinte für sich. So wie sonst immer auch. Sie dachte daran in welch einer Situation sie leben muss, wie keiner sich um sie kümmert und wie sie wahrscheinlich auf den Straßen ein armseliges Leben sterben muss. Dabei war sie doch gerade mal 12.

,,Ich will doch nur ein Zuhause...‘‘, schluchzte sie. Das Weinen wurde schlimmer. ,,Hey, ist alles in Ordnung?‘‘, die Stimme ging fast im Geräusch des Regens und ihrem Heulen unter. Doch sie warf trotzdem einen kleinen Blick nach oben. Ein Mann stand vor ihr, neben ihm eine Frau. Sie erkannte beide wieder, es war das Pärchen von vorhin.

In all den Jahren, in denen sie mehrmals auf der Straße weinend zusammenbrach, hat nicht einer gefragt wie es ihr geht. Jetzt konnte sie nicht mehr aufhören zu weinen. ,,Nein.‘‘,schluchzte sie. ,,Nichts ist in Ordnung.‘‘, sie brach zusammen und ließ all ihren Gefühlen freien Lauf. Das Pärchen leistete ihr dabei stille Gesellschaft, bis die Frau diese Stille unterbrach.

,,Brauchst du zufällig eine Familie?‘‘, sie lächelte das kleine Mädchen an. Ihr Lächeln strahlte Güte aus, und Wärme. Fühlt sich so Zuhause an? Dinge, die das Mädchen so vorher noch nicht kennengelernt hatte. Sie nickte als Antwort langsam, in ihrem dreckverschmierten Gesicht blitzte ein Fünkchen Hoffnung auf.

,,Hättest du was dagegen, wenn wir uns ab sofort um dich kümmern?‘‘, sie blickten beide erwartungsvoll auf das Mädchen. Und wieder schüttelte sie ihren Kopf. ,,Nein...‘‘, ihre Stimme zitterte. Und brach abermals in Tränen aus. Diesmal war es aber fast schon so, als würde der Regen ihre Sorgen wegspülen.
Was blieb, war ein warmes Gefühl tief in ihrem kleinen Brustkorb.

Ein kleiner zierlicher Junge läuft durch die Ruinen seiner Nachbarschaft. Sein geschundener Körper kann ihn gerade so tragen; ein Wunder, dass er das letzte Bombardement überlebt hatte.

,,Mama..‘‘, weinte es. ,,Baba... wo seid ihr?‘‘ Ein unkontrollierbares Schluchzen erschütterte seinen winzigen Körper. Die Tränen hinterließen auf seinen von Asche bedeckten Wangen einen nassen Pfad.

Nichts außer sein Schluchzen und Weinen waren zu hören. Eine ungewohnte Stille, die diese Gegend schon seit fast zwei Wochen nicht mehr kannte. Das Kind streifte ziellos durch seine alte aber nun zerstörte Nachbarschaft, bis es sich ermüdet auf einen Mauerstein setzte. Es vergrub sein Gesicht in den dreckigen,zittrigen Händen und weinte. Und weinte, und weinte, und hörte nicht auf zu weinen.

Er war noch sehr jung aber trotzdem wusste er, was es bedeuten kann wenn Krieg herrschte: Tod. Trauer. Alleinsein. Aber er hatte doch immer seine Eltern und großen Geschwister? Wie soll er denn auf sich alleine gestellt leben können? Sein Weinen wurde noch unkontrollierbarer, stärker und schon fast animalisch. Er fing an zu realisieren, dass er jetzt allein war. Für immer.

Allein. Ein so kleines, unschuldiges Kind. Was konnte er denn schon für die Probleme der Erwachsenen? ,,JEBRAIL?‘‘, rief jemand aus der Ferne. Sein Kopf zuckte beim Klang seines eigenen Namens hoch. Er sprang auf und sah sich um. Diesmal fing er vor Freude und Erleichterung an zu weinen, denn er sah seine große Schwester und seine Mutter. Er rannte auf sie zu und war unendlich erleichtert niemanden verloren zu haben. Wo sein Vater und großer Bruder waren, diese Frage verdrängte er.
Und nicht mehr allein sein zu müssen, darüber war er auch froh.
Fantastisch, nicht?

Ist es nicht witzig, was verschiedene Menschen von verschiedenen Herkünften als fantastisch empfinden? Während der Mann mit dem dicken Geldbeutel sich darüber freut, noch mehr Geld machen zu können – weil die Millionen auf seinen Schweizer Konten nicht reichen, nicht ? - , ist eine Mutter froh darüber, ihrem Kind eine anständige Zukunft bieten zu können. Und noch weiter weg,da sterben Kinder und hinterlassen Familien zurück;da sterben Familien und lassen Kinder zurück.

Ist das nicht unheimlich komisch und traurig? Wie wir doch alle wissen, was viele Menschen erleiden müssen, doch trotzdem mit Scheuklappen durch‘s Leben gehen. Wohl wissend, was um uns herum geschieht, aber es ignorieren weil die Realität uns zu sehr Angst macht; weil es uns in unserer Bequemlichkeit beeinträchtigen würde.

Ich wünschte, das wäre alles nur fiktiv und ausgedacht, all das unnötige Leid wäre nur ein Hirngespinst. Aber es ist real.
Ich wünschte, wir alle würden endlich von unseren Wunschträumen erwachen. Aber wer will das schon? Ich wünschte, in meinem Kopf würden nur allerlei fantastischen Vorstellungen spuken. Aber das tut es nicht.

©2019 SchreibKunst-Blog/ Sultan Koras (Q4)

Mein letzter Tag auf der Erde wäre an einem Freitag. Am 22. Dezember auf dem kleinen zugefrorenen Bach hinter unserer Wohnsiedlung mit allen meinen Freunden.

Irgendjemand hätte seine Box mitgebracht und wir würden, während im Hintergrund kitschige Weinachtshits spielen, grölend über die dünne Eisschicht schlittern. Im schönen Minnesota. In der beißenden Dezemberkälte, während Wham in unserer empfindlichen Blase des Glücks wiederhallt, Zoé sich die ganze Zeit an mich klammert und somit unbewusst zum glücklichsten Jungen der Welt macht.

Mein letzter Tag auf der Erde wäre am 22. Dezember. Zwei Tage vor Weihnachten. Wenn meine Alten beschließen sich mal nicht zu streiten und wir irgendwann stumm ausgemacht hätten nicht darüber zu reden. Wenn wir für diesen kurzen Moment über die immer höher werdenden Rechnungen hinwegsehen und so tun, als wären wir reiche Leute. Wenn meine Schwestern und Großeltern zu Besuch kommen und meine Mutter Plätzchen backt. Wenn, obwohl es noch nicht Weihnachten ist, Weihnachtsfilme laufen und wir uns alle auf dem kleinen Sofa, vor dem Fernseher, versammeln. Wie die Simsons, die für diesen kurzen Augenblick Gemeinsamkeit aus allen Richtungen kommen.

Mein letzter Tag auf dieser Erde. Auf dieser Welt, in dieser Endlichkeit wäre ein wirklich schöner Tag. Leichte vierundzwanzig Stunden. In dieser empfindlichen Blase des Glücks, die die Sekunden langsamer verstreichen lässt und alles besser macht. Bis dahin werde ich durchhalten. Bis zu diesem fantastischen Tag. Danach werde ich aufhören zu

©2019 SchreibKunst-Blog/ Malak Aderounmu (9a)

Der letzte Sieg gegen die Minotauren liegt bereits weit in der Vergangenheit. Aragon, der Anführer des letzten Pegasus Stamms, liegt niedergeschlagen in seinem Nest: Der Krieg um Titania, dem himmlischen Paradies, dauert schon 27 Monde an, doch das Ende des Krieges war nah. Die höchsten Götter im Olymp forderten Aragon und Krask, den Anführer der Minotauren, auf, einen finalen Kampf zwischen den beiden Anführern auszutragen. Ansonsten hätten noch mehr Gebiete zerstört und weitere Unschuldige umkommen können. Der eher schmächtige Pegasus war sich sicher, dass dieser Kampf am morgigen Sonnenuntergang nicht gut für ihn ausgehen werden wird. Krask, auch bekannt als die schwarze Bestie, war von allen Wesen gefürchtet und schien wie ein unbesiegbarer Gegner. Zu Aragons Bedauern gab es nur eine Bedingung: Sollte der Kampf bis nach Mitternacht andauern, würden beide Arten ausgerottet werden.

Als die blutrote Sonne tief am Himmel stand, sahen sich die beiden Rivalen auf einer verlassene Lichtung in die Augen. „Dir ist schon bewusst, dass du keine Chance gegen mich hast, Kleiner", ertönte die tiefe Stimme der Bestie. „Ja aber ich erhoffe mir einen guten und fairen Kampf gegen dich", antwortete Aragon. Als die Sonne vollkommen vom Horizont verschwand, stürmte Krask auf den Pegasus zu. Aragon spreizte seine Flügel, hob ab und wich dem Angriff elegant aus. Sofort ging er in einen Gegenangriff über, doch die Tritte konnten dem mächtigen Minotaurus nichts anhaben. Ein gezielter Schlag auf den rechten Flügel des Pegasus ließ die Knochen des Unterlegen bersten. Das majestätische Tier musste wohl oder übel absteigen und konnte sich nicht mehr in der Luft halten. In einem Moment der Unachtsamkeit packte Krask das verletzte Wesen zwischen den Hörnern und quetschte es zwischen Schädel und dem nächstgelegenem Baum ein. Er blieb jedoch mit dem linken Horn im Baumstamm stecken und war nicht in der Lage, sich zu befreien. Aus tiefster Verzweiflung und brennendem Schmerz trat Aragon seinem Gegner mit voller Kraft gegen den Kopf seines Gegners. Der unbeschreibliche Schmerz ließ Krask zurücktaumeln, dabei riss er das linke Horn aus. Dies entfachte ein Funken Hoffnung in Aragon und er packte daraufhin das riesige Horn und zog es aus dem Baumstamm. Das geflügelte Pferd bohrte der Bestie ihr eigenes Horn tief in ihr Herz, woraufhin ein ohrenbetäubender Schrei ertönte. Rubinrotes Blutdrang aus der tiefen Wunde und färbte den Waldboden tiefrot. Der Kampf war entschieden: Ein Ausruf der Erleichterung ging von Aragon aus. „Glückwunsch, mein Sohn, du hast gesiegt. Aber sieh zum Himmel auf... ", erklang eine göttliche Stimme. Es war kurz nach Mitternacht und die Regeln besagten, dass der Kampf vor Mitternacht hätte enden müssen. Die göttliche Stimme erklang erneut: „Es tut uns Leid; Aragon, aber Regeln sind Regeln." Sowie das letzte Wort gesprochen wurde, lösten sich Pegasi sowie Minotauren langsam auf und eine riesige Wolke grauer Scherben stieg zum Himmel hinauf und wurde vom Himmel verweht. Und so löschten sich Minotauren und Pegasi auf der Erde auf.
Durch solche Machtkämpfe löschten sich auch alle anderen fantastischen Wesen aus. Hätten sie friedlich miteinander zusammengelebt, wäre es nie soweit gekommen und sie würden immer noch existieren. Vielleicht werden sich auch die Menschen in einem Krieg um Land und Ressourcen gegenseitig auslöschen. Aber das steht in den Sternen geschrieben.

©2019 SchreibKunst-Blog/ Felix Müßig (7e), Bolang Xiang (7e), Leo Keller (7e)

Meine Damen und Herren!

Liebe LehrerInnen, liebe PreisträgerInnen und liebe auch irgendwie wichtige JurymitgliederInnen!

Dieser Beitrag, so klein er auch ist, soll euch zwischen den ernsten, interessanten und bestimmt auch sehr schönen anderen Texten nur ein Grinsen (oder vielleicht auch ein kleines Lächeln, je nachdem wie erwachsen und würdevoll ihr seid) auf euer Gesicht zaubern. Wenn der Leser besonders humorvoll ist, ist es vielleicht schon um ihn oder sie oder es (wir wollen ja kein Geschlecht benachteiligen) geschehen.

Die anderen Jurymitglieder denken sich jetzt: „Dieser Schreiberling nimmt sich aber viel heraus“ oder einfach „Nett“, wie gesagt, es ist eine Frage der Einstellung. Die Deutschlehrer unter euch denken sich noch dazu: „Rechtschreibfehler, Punktabzug, schreckliches Kind!“ (nichts gegen euch persönlich, es liegt einfach am Beruf). Aber ALLE, und wirklich ALLE sollten sich jetzt denken: „der Text ist wirklich toll, sogar fantastisch, aber was hat dieser Text mit dem Thema zu tun?“.

Keine Sorge, da komme ich ins Spiel: Ich möchte euch die Geschichte von Fantas Tisch erzählen. Nein, ich meine nicht die Dekoidee beim Depot, sondern das (bald) beliebte Märchen! Noch nie davon gehört? Naja, ist ja auch kein Wunder, das hier ist ja auch die Erstauflage. Aber da ich jetzt professionell Spannung aufgebaut habe (oder den ein oder anderen zu Tode gelangweilt habe - Leichentransport unter 069 65601152) kommt jetzt das Märchen:

Es war einmal, vor langer Zeit, weit, weit weg von der LuO, in einem grausamen Land Namens Darmstädter Hauptbahnhof, auch bekannt als „Terror der Pendler und unschuldigen Schüler“, oder nur „Ihr-Zug-hat-zwanzig-Minuten-Verspätungsland“ eine facettenreiche, fahrige, faire, familiäre, fantasievolle, freie und fleißige Flasche Fanta, mit dem feurigen Namen „Fürstin Fanta“. Fürstin Fanta stand feudal im Getränkeautomaten neben einem großen Laden mit der Aufschrift „Nanu-Nana“. Ihr bester Freund, eine leere Dose Sprite mit dem sprudelndem Namen „Sir Sprite“, hatte es da nicht so gut. Er stand beim Ditsch gegenüber auf der Theke und wurde tagein, tagaus mit kleinen, runden Metallteilchen mit Zahlen drauf beworfen. Fürstin Fanta fand ihn sehr bemitleidenswert. Aber Fürstin Fanta verwendete auch viel Zeit darauf sich selbst zu bemitleiden. Ihr großer Traum war es nämlich, auf dem unerreichbaren Kaffeetisch neben dem Getränkeautomaten zu stehen. Dort würden sie alle Flaschen aus der verfeindeten Sippe der Bio-Limonaden sehen können und sie würden sie brennend beneiden. Meistens war es aber andersrum, denn die Nachfrage nach Bio-Limonade war in letzter Zeit rasant gestiegen. Die Wandelnden die vorbeikamen um sich etwas zu trinken zu holen, schauten immer sehnsüchtig auf sie, entschieden sich aber immer für die Bio-Limonade oder ein Wasser. Warum, wusste Fürstin Fanta nicht.

Lange Zeit tat sich also nichts zur Sache und Fürstin Fanta wurde von Tag zu Tag flauer und farbloser. Ihr einst so fabrikneues orangenes Etikett löste sich langsam ab und sogar ihr feuriges Temperament, auf das sie so stolz gewesen war, drohte zu erlöschen. Es stand also wirklich schlimm um unsere faszinierende Freundin. Noch nicht mal der sonst so sprudelige Sir Sprite konnte sie trösten, denn sein Inhalt war ausgeschüttet worden.
Doch eines Tages veränderte sich die vertraute Umgebung des Hauptbahnhofs. Die Wandelnden, die sich sonst immer hektisch an ihr vorbeibewegten, wurden weniger und stattdessen kamen viele andere Gestalten, die Fürstin Fanta prompt „Die Blauen“ nannte, denn sie alle waren fast überall mit blauem Zeugs bedeckt. Die Blauen machten sich gegenüber vom Ditsch zu schaffen, wo sie begannen die anderen Automaten zu öffnen und alle Fanta Flaschen herauszunehmen und durch Bio-Limonaden zu ersetzten. Ihr Ziel, auf dem sonnenbeschienenen Tisch zu stehen, rückte in weite Ferne. Die Sippe der Bio-Limonaden hatte gewonnen. Noch während sie die Blauen beobachtete, rief eine Stimme etwas in der Sprache der Wandelnden und alle hörten auf zu arbeiten und versammelten sich in kleinen Grüppchen. Ein solches Grüppchen kam auf sie zu. Hoffnung breitete sich in ihr aus, als einer der Blauen sie freundlich ansah. Aber sie verflog gleich wieder, als Fürstin Fanta merkte, dass er gar nicht sie, sondern die Bio-Limonade mit Lavendel-Wasabi-Thymian Geschmack neben ihr ansah. Der Blaue begann langsam den Automaten zu öffnen und Fürstin Fantas Deckel rutschte ihr ins Etikett. Niemals würde sie auf dem Tisch stehen, niemals von der Sonne beschienen werden. Alles war vorbei. Vorsichtig nahm der Blaue sie heraus. Jetzt würde sie für immer in einer dunklen Kiste liegen. Sehnsüchtig schaute sie ein letztes Mal zum wunderbaren Tisch rüber. Doch plötzlich merkte Fürstin Fanta, dass der Mann sie abstellte. Und zwar auf den Tisch. Fürstin Fanta stand da und war wie vom Etikett gehauen. Was war grad passiert? Offensichtlich hatte der Mann etwas mit ihr vor, sonst hätte er sie nicht auf dem Tisch abgestellt. Der Tisch…. Sie stand auf dem Tisch! Endlich stand sie auf dem wunderbaren, sonnenbeschienenen Tisch! Auf ihrem Traumtisch. Der Blaue räumte die anderen Fanta Flaschen in die Kiste. Als er fertig war, kam er zu ihr rüber, trank sie aus und stellte sie zurück auf den Tisch. Die Ehre, in einem Zug ausgetrunken zu werden, erfreute sie fast noch mehr als dass sie wieder auf dem Tisch stand. Glücklich schaute sie zu Sir Sprite rüber, der ihr sibyllinisch zurücklächelte. Er freute sich für seine Freundin, obwohl er nicht verstehen konnte, was sie an dem Tisch so toll fand. Aber das musste er ja nicht verstehen. Es war schließlich Fantas Tisch.

Das war das Märchen. Hat es euch gefallen? Sehr gut. Mir nämlich auch. Aber ich muss jetzt aufhören zu schreiben, weil ich Hausaufgaben machen muss (ein paar Lehrerpunkte einsammeln). Eine schöne Zeit, und ein schönes Wochenende euch allen! Adieu!

Ein sagenumwobener Schreiberling

©2019 SchreibKunst-Blog/ Paulina Dauth (8b)

Es ist immer wieder derselbe Traum. Derselbe unüberwindbare Fluss. Er endet nirgendwo, er fängt auch nirgendwo an. Er ist breit und schnell. Die Strömung reist alles mit sich, was sich ihr in den Weg stellt. Kleine, flache Steine, dürre Stöcke und dicke, starke Zweige, Alles wird fortgespült, wie verschlungen von der Kraft des Wassers. Ich kann den Fluss nicht überwinden. Ich kann nur auf meiner Seite des Ufers stehen und warten. Warten auf Hilfe. Warten auf Trost. Warten auf Hoffnung. Ich habe Angst einzuschlafen, den Traum wieder zu träumen. Ich wache dann auf, schmiege mein Gesicht in das Kopfkissen und weine. Weil ich eben weinen muss. Einsamer als der einsamste Mensch. Wenn ich meinen Freunden in der Schule von meinem Traum erzähle, sagen sie nur: „Ja, ja“. Weil sie eben „Ja, ja“ sagen, Sie verstehen mich nicht. Sie wollen mich nicht verstehen. Nur das Gute und Glückliche interessiert sie, dem Traurigen kehren sie den Rücken zu, verschließen sich vor der Wahrheit. Lachen, machen ihre Schulaufgaben und spielen. Machen einfach weiter, als wäre nichts passiert. Als würde das, was sie ignorieren, nicht existieren. Der Fluss in meinem Traum: Wie meine Probleme und Ängste. Ich kann mich ihnen nicht stellen. Ich bin zu schwach, viel zu schwach. Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht mehr ignorieren. Kann nicht mehr warten. Allein? Nein, allein schaffe ich es nicht.

Doch ich bin nicht allein! Sie ist da, immer. Ich habe so oft vergessen, wie dankbar ich ihr dafür bin. Sie baut mir die Brücke, hilft mir bei schwierigen Entscheidungen und lehrt mich, auf mein Herz zu hören. Ich kann auf die andere Seite des Ufers. Neues kennenlernen und meinen Sorgen die Zunge rausstrecken. Sie tröstet mich, wenn ich traurig bin. Ist augenblicklich da, wenn es mir nicht so gut geht. Bringt mich zum Lachen, wenn ich weine. Sie geht mit mir durch dick und dünn. Ist witzig, verrückt auf ihre eigene Art und Weise und hat ihre eigene Moral. Sie ist meine Brücke und -ja, das weiß ich jetzt- deshalb ist sie meine beste Freundin.

©2018 SchreibKunst-Blog/ Kristien Paschold (6c)

Es machte kurz „Baff“ und schon stand ich auf einem Bürgersteig.

Um mich herum war alles in dem Licht einer Straßenlaterne gehüllt. Suchend blickte ich mich um. Keine einzige Menschenseele war weit und breit zu sehen. In der Ferne hörte ich Motorenlärm näher kommen. Die Straße wurde nun von Autoscheinwerfern zusätzlich erhellt. Schnell versteckte ich mich hinter einem Auto. Ein dunkelgrüner Volkswagen hielt vor einem großen Backsteinhaus mit weißen Sprossenfenstern, mehreren Giebeln und Erkern. Das Haus war, wie alle Häuser hier, mit hohen Hecken und Mauern umgeben. Aus dem Auto stieg ein gutgebauter Mann, Marke Basketballspieler. Er hatte honigfarbende Haare, die im Licht der Straßenlaternen glänzten. Er trug einen Frack, versehen mit einem Orden. Überrascht schnappte ich nach Luft. Keinen Meter von mir entfernt stand Henry Harper und so, wie es aussah, wollte er Liv gerade für einen bevorstehenden Ball abholen. Henry schlug die Fahrertür zu und ging hastig auf die Haustür zu. Erst jetzt sah ich sein Gesicht.

Beinahe wäre mir ein entsetzter Schrei herausgerutscht. Sein Gesicht hätte ich mir nie im Leben so vorgestellt. In dem Buch hat er graue Augen, ein markantes Gesicht, einen hellen Teint und ein makelloses Gesicht. Hier, in der Wirklichkeit, hatten seine Augen die Farbe grüngrau, sein Gesicht war leicht gebräunt und auf gar keinen Fall markant! Auch der Rest seines Gesichtes war anders. Unterhalb der rechten Schläfe hatte Henry eine 2 cm lange Narbe, die bis unters Auge führte. Seine Lippen waren schmale, dünne Striche und kein bisschen voll.

Nachdem er geklingelt hatte, erklang ein gedämpftes „Ding Dong“ und keine fünf Sekunden später wurde die Tür geöffnet. Ich hörte eine männliche Stimme, die irgendetwas zu der in der Tür stehenden Person sagte. Leider verstand ich nicht, was sie sagte. Das Einzige, was ich dann hörte, war das darauf folgende, mädchenhafte Kichern. Von meinem Versteck aus sah ich leider nicht, wer dort kicherte, aber ich vermutete, dass es Liv war. Vorsichtig schlich ich mich näher an das Haus heran.

Was ich sah, ließ mich leise aufkeuchen. Liv, die wunderschöne Liv, hatte ein langgezogenes Muttermal an ihrer Wange, was aussah wie ein großer Dreckfleck und um ihren Mund herum sah ich Spuren von Blut. Ihre so wunderschön beschriebenen Haare waren fettig und hatten einen undefinierbaren Blondton, der so gar nichts mit dem strahlend weißblonden Haar zu tun hatte, der im Buch beschrieben wurde. Ich sah wortwörtlich der nackten Wahrheit ins Gesicht. Frustriert und enttäuscht ließ ich mich an der Autotür nach unten rutschen, auf den kalten Asphaltboden.

Ich habe dieses Experiment gewagt, weil ich mehr über die Personen herausfinden wollte, die ich glaubte so gut in Büchern kennen zu lernen. Mir ein besseres Bild von all dem machen wollte. Gerade mit Liv hatte ich mich so verbunden gefühlt und ich konnte mich in vielen Bereich mit ihr identifizieren.

Jetzt wünschte ich mir nur, ich hätte es nie getan. In Verzweiflung stieß ich einen kleinen Schrei aus und schloss die Augen. Als ich sie fünf Sekunden später öffnete, spürte ich nicht mehr den kalten, harten Boden unter mir. Nun saß ich auf einem Kissen, in den Händen das Buch. Ich war umgeben von Holzwänden, die ein Rechteck bildeten. Ich war wieder zurück! Ich saß im Schrank, in den mich der Meister geschickt hatte. Irgendwie hatte er es geschafft, ohne sichtbare Lichtquelle im Schrank Licht zu schaffen. Dann blickte ich das Buch an, das auf meinen Oberschenkeln lag. Es hatte irgendwie an Glanz verloren. Wie bei einem blitzblanken Fenster, auf das sich allmählich Staub legt. Seufzend stand ich auf und klopfe mir die Beine ab. Mit dem Buch in der Hand verließ ich den Schrank.

©2018 SchreibKunst-Blog/ Malou D. Meyer (8?)

Da sitzt er und starrt dich an. Nur dich die ganze Zeit. Er
mit seiner schwarzen Lockenpracht. Er mit seinen stechend
blauen Augen. Er mit seinem edlen Gewand.

Alle schmachten ihn an. Alle außer du. Alle beneiden dich.
Doch du fühlst dich unwohl, unter seinem starren Blick.
Viele würden liebend gerne mit dir tauschen. Doch sie wissen
nicht was geschehen ist. Was er getan hat. Was er zerstört
hat. Du hast es ihnen so oft erzählt. Doch keiner hört dir
zu. Denn sie achten nur auf die makellose Schale. Nicht
auf den verdorbenen Kern.

©2018 SchreibKunst-Blog/ (Liz) Clara Drewelies (8f)

Da ist sie! Keiner kennt sie. Niemand weiß woher sie kommt.
Doch sie rennt. Rennt weg. Stets einen Blick nach hinten
gerichtet. Zu ihrem Verfolger, der nie da zu seien scheint.
Wie sie rennt so, so ohne Ziel. Nie verweilt sie an einem
Ort. Sie ist nie da und auch nie fort.

Der eine ist besorgt um sie. Der andere hält sie für verrückt.

Das wallende Kleid, das wallende Haar. Die Beine und Arme
doch etwas unproportional. Das kommt vom Rennen, sagen die
Leute, vom Rennen. Wie lang rennt sie schon? Wie lang wird
sie noch rennen? Wissen tut das keiner. Wissen tut das
nur sie.

©2018 SchreibKunst-Blog/ (Liz) Clara Drewelies (8f)

Mein Name ist Mary Read und morgen schon werde ich enttarnt. Mein Geheimnis wird entdeckt und ich werde ausgestoßen und bestraft. Morgen schon - nicht unbedingt dieses Morgen, sondern ein Morgen: Wenn nicht morgen, dann übermorgen oder überübermorgen. Was machen schon ein paar Tage?

Genauso gut könnte ich weglaufen. Ganz weit weg, irgendwo hin, wo mich niemand kennt. Ich könnte mir ein neues Leben aufbauen und mein altes vergessen. So, wie es mich schon morgen vergessen würde. Ich könnte einen kleinen Laden aufmachen. Nichts Großes, nur gut genug, um über die Runden zu kommen und friedlich zu leben. Ich würde eine gute Partie finden und eine Familie gründen. Es wäre nicht das Leben meiner Träume, aber sicher und angenehm. Aber so etwas war noch nie etwas für mich:

Als mein Halbbruder starb, kleidete mich meine Mutter wie ihn, damit wir weiterhin finanziell von meinen Großeltern unterstützt werden. Ich fühlte mich unwohl. Eine Frau in Männerkleidern? Was würde passieren, wenn die Leute das herausbekommen? Würde ich aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden? Verbannt? Oder Schlimmeres?

Ich beschloss, nicht daran zu denken, sondern mich darum zu kümmern, dass es nie so weit kommen würde. Ich musste mich besser anpassen, weniger auffallen, ähnlicher sein. Sooft ich nur konnte, studierte ich die Männer. Wie sie reden, laufen und essen. Mit der Zeit wurde ich immer besser darin, sie nachzuahmen und schon bald begann ich, mich in Männerkleidern wohler zu fühlen als in denen einer Frau. Ich durfte trinken, fluchen und kämpfen wie es mir beliebte. Ich durfte alles machen, was ich als Frau nie hätte machen dürften. Es fühlte sich an, als ob mir die Welt zu Füßen läge. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Für Außenstehende war ich nur ein junger Mann, der gut mit einem Degen umgehen kann, aber für mich war ich König(in) meines eigenen Lebens.

Schon bald wurde mir die Tätigkeit als Laufbursche langweilig. Ich wollte in die Ferne, aufregende Abenteuer erleben und große Kämpfe kämpfen. Die Sorte heroischer Kämpfe, die Generationen später zu Geschichten und irgendwann zu Sagen und Legenden werden. Und als Mann durfte ich all das auch. Also blieb ich im Männerkostüm und meldete mich beim Heer von Flandern. Schnell stieg ich auf, ich wurde für meine Tapferkeit und Degenführung bewundert, doch ich wusste, dass ich auch genauso schnell und tief abstürzen könnte, jederzeit.

Dort traf ich Max, Max Studevend. Wir verliebten uns ineinander und er drängte mich dazu, ihn zu heiraten und aus dem Herr auszusteigen, solange ich es noch konnte. Wir gründeten ein eigenes kleines Gasthaus, das „Die drei Hufeisen“ (De Drie Hoefijzers). Ich trug nach vielen Jahren wieder Röcke und Kleider. Ich wusste nicht mehr, wie sich das Tragen eines Kleides und das Verhalten einer Frau anfühlt, zu lange hatte ich es verdrängt. Eine Zeit lang lebten wir ruhig und sicher und zusammen.

Doch als er dann starb, veränderte sich alles: Der damals so laute und belebte Gasthof, in dem gelacht, gewettet, geflucht und getrunken wurde, war tot, ermordet von der Stille und Taubheit, die mich überall hin verfolgten und denen ich, egal was ich tat und wie sehr ich mir wünschte, sie würden verschwinden, nicht entrinnen konnte. Sie wurden zu ständigen Begleitern meines Lebens: Sie verdarben jedes Essen und vertrieben jede Kundschaft und Freunde.

Ach, wenn er doch da wäre, er könnte mir sagen, ob ich das Schiff betreten soll, oder nicht. Ob ich mich wieder hinauf aufs Meer hinaus wagen soll, oder nicht. Ob ich es nochmal mit dem Glück versuchen soll, oder nicht. Und der Liebe. Aber das ist er nicht. Da bin nur ich. Allein.

Ja, ich war glücklich. Aber nicht wegen des Gasthauses, sondern seinetwegen. Aber er wird nicht wiederkommen, nie wieder. Dafür aber ich, das alte ich, das flucht und kämpft und trinkt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Das nichts hören will von Stricken und am Kamin sitzen. Es will nach draußen, in die echte Welt, in die Gefahr, aufs Meer.

„Name?“, fragt der Junge und ruft mich so aus meinen Gedanken, zurück in die Realität. Er wirkt nervös und sehr darauf erpicht, alles richtig zu machen. Er ist viel zu jung, um auf dem Schiff mitzufahren, höchstens 14 oder 15. Als ich nicht sofort antworte, blickt er von seiner Liste auf. Seine Augen sind gerötet von der Seeluft und schwer von Müdigkeit und doch sehe ich da ein schwaches Funkeln. Vorfreude? Hoffnung? Er hofft wohl auch auf einen Neuanfang. Ich muss lächeln. „Milan Read“. Er tritt zur Seite, um mich durchzulassen. Ich zögere.

Wenn ich jetzt das Schiff betrete, gibt es kein zurück. Und wenn dann irgendwie herauskommt, dass ich gar kein Mann, sondern eine verkleidete Frau bin, die sich angemaßt hat, auf der Albatros mitzufahren, … Gott weiß, was dann mit mir geschieht.

Und doch betrete ich das Schiff.

Ich weiß nicht, wieso, vielleicht ist es die Sehnsucht nach dem Abenteuer. Oder dem Meer. Oder schlicht dem, was ich als Frau nie haben könnte. Ich weiß nur, dass ich meine Entscheidung sicher bereuen werde, wenn meine wahre Identität aufgedeckt wird. Aber das, das ist ja erst Morgen.

©2018 SchreibKunst-Blog/ Carla Trapp (9d)

10 Monde später...

Sina hatte sich dem Clan angeschlossen. Frieden war eingekehrt. Alle ihre Wunden waren verheilt, sie hatte ihre Schülerausbildung hinter sich und hieß, zu Ehren ihres braunen Fells und ihrer Bereitschaft für den Clan-Anführer das eigene Leben zu riskieren, Kastanienherz. Der Clan war wohlgenährt, es gab viele Schüler und die Kinderstube war überfüllt. Sie, Fuchssprung und ihre drei fünf Monde alten Jungen Nussjunges, Eicheljunges und die einzige Kätzin Flammenjunges saßen in der Mitte des Felsenkessels und unterhielten sich. Das Fell der Kätzchen war braun-rot-getigert, eine Mischung von Mutter und Vater. Alle drei rannten abenteuerlustig über die Lichtung und spielten die wildesten Spiele. Sina war stolz auf ihre Kleinen, die in einem Mond zu Schülern ernannt werden sollten. Sie bat die Kinderstuben-Königin Rußherz auf ihre Jungen aufzupassen und ging mit Fuchssprung in die Nähe des Sees in der Mitte aller Territorien.

Es war Blattfrische und kleine Knospen ragten aus der Erde. Ausgelassen tollte das heute von den Pflichten befreite junge Paar herum. Sie sprachen bis in die Nacht hinein und schauten dann auf das Gewässer. Mit ineinander verschlungenen Schwänzen saßen Sina und Fuchssprung nun am in der Nacht glitzernden See und sahen vielen Blattwechseln voll Frieden entgegen.

Ende

Anfang verpasst?:

Kapitel Eins: Kapitel Eins
Kapitel Zwei: Kapitel Zwei
Kapitel Drei: Kapitel Drei
Kapitel Vier: Kapitel Vier
Kapitel Fünf: Kapitel Fünf

©2018 SchreibKunst-Blog/ Sophia Böcker (7b)